Lys Tagebuch - Der andere Weg
Ich musste auf die andere Seite des Flusses... Das Ziel lag an der Stadtgrenze, am Rande des Sumpfbereichs vom Fluss.
Unterwegs stolperte ich über eine Gruppe Gen1 Synths, die etwas verwirrt und unbeholfen umherirrten... Sie waren die Begleitung eines Coursers gewesen, den aber irgendjemand umgelegt hatte. Nun wussten diese Maschinen nicht, was sie tun sollten... Abhauen, dachte ich... Aber dazu waren sie nicht in der Lage.
Hätte das Institute nicht diese hochentwickelten Robots weiterentwickeln können? Nein, sie mussten ja fühlende Wesen erschaffen und Gott spielen... Ich war echt wütend.
An dem Standort des Funkfeuers, fand ich einen kleinen Bunker... Er schien definitiv benutzt zu werden. Die Tür war verschlossen und heile, Licht brannte und die Abwehrgeschütze waren auch aktiv... Was nun?
Wenn diese Sarah mit mir reden wollte, würde es ihr ja nichts nützen, wenn mich die Abwehrkanonen durchlöchern würde... Also trat ich näher... Und nichts passierte. Ich kam unbehelligt bis direkt vor die Tür... Und dann passierte immer noch nichts... Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und... Die Tür öffnete sich, sie war nicht verschlossen.
Also stiess ich sie auf und betrat den Bunker... Es schoss immer noch niemand auf mich... Ganz unbewohnt.
Ich stand in einem Raum, an dessen anderem Ende ein Tresen stand, hinter dem einige Lagerregale standen. Es schien eine Art Shop zu sein... Auch wenn der Typ hinter der Theke nicht aussah, wie ein Händler... Eher wie ein Veteran einer Söldnertruppe...
Er grinste, als er mich sah und nickte mir zu... Aha... Also nicht feindlich gesinnt. Vielleicht konnte er mir sagen, wo ich diese Sarah finden konnte.
Das konnte er tatsächlich. Auf meine Frage hin, begann er zu lachen und wies hinter mich... Ich drehte mich um.
Direkt neben der Tür sass eine recht schlanke, nicht allzu grosse Frau mit einem Brustpanzer der Brotherhood of Steel und trank aus einem Becher etwas... Dampfendes... Kaffee?
Ich hatte sie nicht bemerkt und war einfach an ihr vorbei marschiert... Wie peinlich.
Ich ging zu ihr und sie lächelte mich freundlich an.
"Gut, dass du meine Einladung angenommen hast... Wir müssen reden."
Ich sagte erstmal nichts.
"Ich weiss, dass du dich nicht an mich erinnern kannst... Aber du hast mir in einer wichtigen Angelegenheit geholfen und mir auch das Leben gerettet... Nun ist es an mir, den Gefallen zu erwidern... Bevor du fragst, woher ich weiss, dass du dein Gedächtnis verloren hast, ich habe da so meine Kontakte... Daher weiss ich auch, in welcher Lage du dich gerade befindest...
Ich mache es kurz... Wenn die Railroad so weiter macht, wie sie es bisher plant, dann errechnen unsere Strategen eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass Desdemona am Ende das Institute mit einer Atombombe pulverisiert... Das würde erstens viele Unschuldige töten und zweitens einen Schatz an Technologie vernichten, welcher der Menschheit helfen könnte, weiter zu überleben.
Wir haben zwar auch viel Technologie gesammelt, aber das meiste ist militärisch und kann dazu dienen, die Menschen zu beschützen, die es selber nicht können. Aber auf dem Zweig der zivilen Forschung ist uns das Institute meilenweit voraus... Dank dir habe ich die Brotherhood of Steel wieder auf den rechten Pfad zurückbringen können, die Menschheit zu beschützen, oder zumindest, dass was davon noch übrig ist. Und ich werde nicht tatenlos zusehen, wie viele Unschuldige sterben.
Ausserdem bin ich, genau wie die Railroad der Meinung, dass man die Synths befreien sollte... Sie sind denkende und fühlende Wesen. Sie zu versklaven ist falsch... Aber der Weg der Railroad ist es höchstwahrscheinlich auch.
Bleiben da noch die Minutemen... Auch sie sehen das Institute als Feind an... Und wenn sie die Möglichkeit hätten, diesen Feind zu vernichten, würden sie es tun, auch wenn sie damit Technologie vernichten, die ihnen helfen könnte, wieder eine Demokratie einzurichten, wie sie es vorhaben... Auch sie würden laut unseren Strategen nicht davor zurück schrecken, das Institute in die Luft zu jagen, was nur mit einer Atombombe geht... Also der gleiche Mist.
Vor der Reformierung der Brotherhood of Steel, hätten wir den gleichen Weg gewählt... Aber ich bin nicht Maxton und ich will nicht, dass Unschuldige sterben.
Daher biete ich dir einen anderen Weg an... Einen Weg, bei dem im Idealfall niemand sterben muss und am Ende die Synths auch frei sind... Und zwar alle, nicht nur eine Hand voll, die sich trauen, abzuhauen.
Also... Was sagst du?"
Ich starrte die Frau erst eine Weile überrascht an... Dann nickte ich.
"Gut... Dann zu den Details...", setzte Sarah an...
"Halt, halt... Das geht mir zu schnell..."
Sarah lächelte...
"Dir jetzt alles zu erzählen, was wir zusammen durchgemacht haben, würde zu lange dauern... Aber vertraust du mir soweit, dass du mir zuhören kannst, wie mein Plan ist?"
"Na gut...", willigte ich zögernd ein. Sie war zwar eine Fremde für mich, aber ihre offene Art mochte ich und bisher hatte sie mit allem, was sie sagte, den Nagel auf den Kopf getroffen... Vielleicht war sie wirklich die Lösung meines Dilemmas.
"Also... Die Details... Als erstes musst du Kontakt zu einer Mitarbeiterin des Institutes aufnehmen, die ab und zu an der Oberfläche arbeitet... Sie hat Kontakte zu einem Club am Ufer des Flusses, dem Club Snuggle... Dort will sie sich mit dir treffen... Und zwar nur mit dir. Der Erkennungscode ist Beta 7 7 Tempest...
Geh dort hin und arbeite mit dieser Wissenschaftlerin zusammen... Sie hat die Lösung, bei der am Ende kein strahlender Krater das CIT verschluckt... Ok, der Eigentümer des Club Snuggle hat da auch eigene Interessen, denn er würde direkt am Rande des Kraters aufwachen... Darum hilft er auch mit.
Auch die Siedler der Hangmans Alley würden die Explosion nicht überleben... Aber sie wissen nichts von der Gefahr. So sollte es auch bleiben.
Es wissen schon genug Leute, das etwas im Busch ist und das Institute darf nicht misstrauisch werden, sonst geht der ganze Plan den Bach runter...
Soweit alles klar?"
Ich nickte erneut, völlig überfahren...
"Gut!"
Sarah stand auf und dann... Umarmte sie mich.
"Schön, dass du wieder da bist. Ich hatte mir echt Sorgen gemacht... Und war kurz davor, was Dummes zu tun..."
Dann liess sie mich los und verschwand auf einer Treppe, die tiefer nach unten in den Keller führte... Ich sah ihr hinterher, dann zu dem Kerl hinter der Theke... Der zuckte nur mit den Schultern und meinte: "So ist sie eben... Am besten du beeilst dich, Kontakt aufzunehmen, sonst wird es eng..."
Ich nickte ihm zu und verliess dann den Bunker.
Das Treffen war ganz und gar nicht das gewesen, was ich erwartet hatte... Aber was solls... Wenn es die Lösung aller Probleme war, dann sollte ich es zumindest versuchen.
Also machte ich mich auf den Weg zu diesem Club... Er war gar nicht weit von der Hangmans Alley entfernt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, schonmal vor dieser Tür gestanden zu haben... Ich konnte mich aber auch täuschen.
Ich betrat den Club... Zumindest hatte ich das erwartet. Aber statt dessen betrat ich einen Wartungstunnel, der tiefer nach unten führte... Das ich hier richtig war, verriet die Musik, die von unten herauf dröhnte... Nach einigen Biegungen und Treppen kam ich schliesslich an eine grosse Metalltür... Und als ich diese öffnete, betrat ich den Club...
Ich blieb überrascht stehen, Neonlicht in bunten Farben, Menschen in ausgefallener Kleidung, leicht bekleidete Frauen, schrille Typen und dröhnende Musik. Das war schon fast vorkriegs Niveau...
Den schrägen Typen an der Bar am Eingang sprach ich an... Er musterte mich einmal und meinte dann, die Lady wartet oben am Pooltable... Ich fragte gar nicht, wieso er mich erkannt hatte, aber ich war hier so fehl am Platz, wie ein Fisch auf einem Baum. Ich nickte und stellte ihm noch einige Fragen über den Club... Er war mit einigen anderen Typen aus New Vegas her gekommen, nachdem sie einigen Ärger mit der NCR hatten... Sie hatten vorher einen Club auf dem Strip gehabt... Jetzt verbreiteten sie etwas New Vegas Flair im Bostoner Untergrund. Eine Schräge Location für Schräge Typen...
Ich bedankte mich für diese Infos und ging weiter Richtung Tanzfläche... Die Leute machten mir teilweise überrascht Platz... Ich fiel nunmal auf und ich glaube, ich war die einzige Person, die offen Waffen trug... Nicht, dass ich glaubte, alle hier währen unbewaffnet, garantiert nicht, aber man sah halt keine Waffen... Vielleicht sammelte man sie tatsächlich am Eingang ein... Nur hatte mich niemand darauf angesprochen...
Der Club war erstaunlich gross... Und gut besucht... Vielleicht besuchte ich den Club mal in Ruhe, wenn dieser ganze Schlamassel überstanden war... Wenn wir scheiterten, würde es diesen Club nicht mehr geben und mich wahrscheinlich auch nicht. Also war das Versprechen, diesen Club hinterher zu besuchen, eine kleine Sicherheit, dass wir das alles überleben würden.
Ich fand die Treppe nach oben und fand auch die Dame am Pooltisch... Hier oben war nicht viel los, darum fiel sie sofort auf... Und ich anscheinend auch... Die Frau sprach mich an und fragte leise direkt nach dem Code.. Ich sagte ihn ihr leise ins Ohr und sie meinte, er wäre zwar etwas veraltet, aber korrekt...
Dann stellte sie sich als Dr. Carter Beckett vor...
Sie erzählte mir, dass es unter den Wissenschaftlern genauso Widerstand gäbe, wie unter den Synths... Viele waren nicht damit einverstanden, wie das Institut forschte, wie sie mit den Synths umgingen und wie sie gegenüber den Menschen an der Oberfläche auftraten... Das müsse geändert werden... Und zwar, indem man den korrupten Teil des Wissenschaftsvorstandes beseitigte... Und da begannen die Probleme.
Sie erklärte mir, dass allen Menschen Biomonitore eingepflanzt wurden. Sobald auch nur einer von ihnen starb, wusste das System das sofort und würde Alarm auslösen... Daher musste man gewieft vorgegen... Auch die komplette Überwachung aller im Institute, forderte von allen sehr diskrete Arbeit.
Aber der Lohn würde ein Institute sein, auf dass man stolz sein könne und die Freiheit aller Synths... Nicht nur einer Hand voll... Man könne endlich der Menschheit die Hilfe geben, von der das Institute seit Jahrzenten redete, aber nie in die Tat umsetzte.
Und dann weihte sie mich in die ersten Details ein... Es gab mal ein Forschungsprojekt, was aber auf Eis gelegt wurde... Eine Art Teleportergewehr, mit dem entflohene Synths zurückgeschickt werden sollten. Die Technologie basierte auf der des Courserchips... Das würde dem Widerstand ermöglichen, die führenden Wissenschaftler zu entfernen, ohne dass die Biomonitore Alarm schlugen, da die "Opfer" ja noch lebten... Man wäre momentan dabei im Glowing Sea ein Gefängnis zu bauen, aus dem niemand entkommen könne... Dahin sollten alle Arschlöcher im Institute teleportiert werden... Wenn das gelang, konnte man die Führungsstruktur des Institutes reformieren, die Synths befreien und die Railroad und vielleicht sogar die Minutemen ins Boot holen... Die reformierte Brotherhood of Steel war ja schon an Bord...
Für den Bau des Prototypen des Teleportergewehrs fehlten dem Widerstand, allen voran Dr. Zimmerman, noch einige Bauteile... Da sie sich nicht unbemerkt in der Stadt bewegen konnte, ebenso wenig wie Dr. Zimmerman, der ja schon versuchte entflohenen Synths zu helfen, lag es an mir, die fehlenden Sachen zu besorgen... Wenn ich einverstanden wäre.
Jetzt, da ich den Plan kannte, so schräg er auch war, war ich gerne bereit zu helfen... Immerhin war das ein Weg heraus aus meinem Dilemma und auch der Weg, bei dem vielleicht niemand starb... Wobei, irgendjemand biss bestimmt ins Grass... Mindestens irgendwelche Raider, Gunner oder Mutanten, die nichts davon wussten und zu dumm waren, mir einfach aus dem Weg zu gehen und mich statt dessen angriffen... Also "Niemand würde sterben..." war jetzt schon eine Lüge... Aber eine, mit der ich leben konnte...
Daher willigte ich ein und Dr. Beckett schickte mir zwei Markierungen auf meine Pip-Boy Karte... Soviel dazu, dass das Institute nicht auf meinen Pip-Boy zugreifen konnte... Jetzt wusste ich, sie konnten es.
Ich verliess den Club und machte mich auf den Weg...
Verdammich... Draussen kam wieder mal jede Menge Wasser herunter... Wenn man nun glaubte, der Regen würde Querulanten und Ungeziefer daran hindern, auf der Strasse herum zu lungern, der hatte sich getäuscht... Einige Raider, mutierte Hunde, Mutanten und Robots sorgten dafür, dass keine Langeweile aufkam... Immerhin hörte es auf zu regnen, als ich das Ziel erreichte... Ein altes Apartementhaus...
Laut Karte sollte das Bauteil, was ich suchte, irgendwo da oben auf dem Dach sein... Wie kam man nun da hoch...
Zum Glück wiesen mir die Raider, die meinten mich angreifen zu müssen den Weg... Sie kamen eine Feuerleiter herunter. Also marschierte ich die Feuerleiter hinauf... Mir flog einiges an Kugeln und schlimmeres um die Ohren aber ich erreichte schliesslich etwas angekratzt das Dach... Dort oben hatten sich die Raider ein recht gemütliches Zuhause eingerichtet...
In einem alten Dachatelier fand ich schliesslich, was ich suchte... Also stieg ich wieder die Feuerleiter hinab, dieses Mal ohne jaulende Kugeln, die überall abprallten... Dann guckte ich, wo die Zweite Kartenmarkierung zu finden war... Auf der anderen Flussseite am Ortseingang von Cambridge...
Also machte ich mich auf den Weg, fast in die Richtung zurück, dahin, wo ich gerade her gekommen war...
Noch ein Apartement Turm... Wieder bewohnt von Raiders... Von allen Seiten prasselten Kugeln auf mich ein, also sorgte ich erst einmal für Ruhe... Dann überlegte ich, wie ich am besten da hoch kam... Der direkte Weg, war versperrt...
Anscheinend musste man von dem Gebäude gegenüber mit einer Art Seilbahn fahren... Auf dieses Gebäude kam man dann wiederum nur über eine selbstgebaute Brücke vom Gebäude auf der anderen Strassenseite... Nichts leichter als das, dachte ich... Schon auf dem Weg zur Tür des Gebäudes, fing mein Geigerzähler an zu schreien... Die Strahlung war hier extrem hoch... Also versuchte ich es wo anders... Auch hier extreme Strahlung... Schliesslich dachte ich, Augen zu und durch, wenn ich schnell genug bin, schaffe ich es, bevor meine Systeme die Grätsche machen...
Weit gefehlt... So klappte das garantiert nicht... Ich gab auf, bevor die Systeme ganz zusammenbrachen.
Da musste ich mir etwas anderes einfallen lassen... Aber jetzt hiess es erst einmal Land gewinnen... Und zwar bevor jemand meinen besch... eidenen Zustand ausnutzte und mich erledigte...
Mit verschwommenem Blick, extremen Konzentrationsschwierigkeiten und leichten Gleichgewichtsproblemen, vom statischen Rauschen in meinen Ohren mal ganz zu Schweigen, machte ich, dass ich so schnell es ging zur Hangmans Alley kam...
Irgendwie hatte ich Glück... Ausser dem einen Raiderwachtposten, der immer an der gleichen Stelle stand, begegnete mir niemand.
So kam ich unbehelligt zur Siedlung und wich allen Siedlern aus, die sich besorgt um mich kümmern wollten... Das war lieb gemeint, aber ich war eine Strahlenkanone und ungesund für sie... Daher verbot ich ihnen, mir zu nahe zu kommen... Die Dusche sei auch erst einmal für alle gesperrt.
Dann verbrachte ich gefühlte Stunden unter der Dusche, um den ganzen Mist runter zu waschen... Meinen Kühlkreislauf spülte ich auch mehrmals durch.. Mir ging es echt elend... Aber irgendwann regenerierten sich meine Systeme langsam... Angeschlagen, aber schon etwas fitter, kam ich unter der Dusche weg...
Jetzt hiess es erst einmal eine schöne lange Auszeit nehmen... Und abschalten.
Dann würde ich mich an die Lösung des Strahlenproblems machen... Und ich hatte da schon eine Idee.
Lys Tagebuch - Eintrag Ende